Durch die Mitte Boliviens nach Braslien
Kurzüberblick: Wir fahren von Sucre in die Mitte Boliviens nach La Higuera (der Ort, in dem Che Guevara ermordet wurde) und weiter nach Samaipata an die südliche Grenze des Amboro Nationalparks. Von dort über Santa Cruz de la Sierra nach Osten. In Corumba überqueren wir die Grenze nach Brasilien.
Nachdem wir aus Sucre raus sind, sind wir die Routa 6 gefahren und konnten auf dem Weg noch eine Rally-Etappe als Zuschauer genießen. Die Straße kostet zwar Maut aber trotzdem (oder vielleicht auch gerade deswegen) war der erste Abschnitt eine einzige Baustelle….In Tomina haben wir auf die F38 gewechselt und waren überrascht. Das erste mal fahren wir auf einer „Gepflasterten“ Natursteinstrasse – für wenige Kilometer. Danach wird es eine Erdstrasse/Piste. Sie lässt sich gut fahren und wir halten abends in Villa Serrano, wo wir an der Kuhweide am Rande des Dorfes ein Plätzchen zum Schlafen finden. Villa Serrano scheint für das weltgrößte Charango „bekannt“ zu sein, eine Art Mini-Gitarre, welche ursprünglich ein Gürteltier als Klangkörper hatte….Am Morgen haben wir auf dem schönen Stadtplatz gefrühstückt und zufällig wurde für Kinder gerade ein Trampolin aufgebaut.
Von Villa Serrano führt uns die F38 über traumhaftes Bergpanorama, eine Schotterstraße bis La Higuera. Was für eine Straße! Rote Erdpiste, alles grün bewachsen und spektakuläre Aussicht! In diesem winzigen Örtchen, La Higuera, wurde 1967 Che Guevara erschossen nachdem er versuchte in Bolivien eine Truppe aufzubauen, die von dieser zentralen Lage aus, Bolivien und die Nachbarstaaten von der Herrschaft des Kapitalismus befreien sollte. Der Aufenthalt ist sehr interessant, in einem kleinen Museum sind sehr authentisch einige Original Utensilien aus den letzten Tagen des 60/70er Jahre Idols ausgestellt. Man kann noch den Ruf der Revolution hören und spürt die besondere Atmosphäre des Ortes. Wir verweilen zwei Tage an einem schönen Campingplatz im Ort. Babsi hat noch mit einem Insektenstich zu kämpfen. Eine Kanadische Wespe flog durchs Autofenster und sticht ohne Vorwarnung in Babsis Oberschenkel. Nach 2-3 Tagen ist das Bein auf die doppelte Dicke angeschwollen und ist mächtig unangenehm. Wir erhalten von einem Guide den Tipp immer ein spezielles Antiallergikum mitzuführen. Dieser Tipp wird sich für uns noch als sehr nützlich erweisen.
Richtung Samaipata wird es immer tropischer und grüner. Es wachsen Bananen, Ananas, und viele bunte Pflanzen. Weihnachststerne so groß wie Bäume! Bei Samaipata ist der Amboro Nationalpark. Wir treffen uns mit Daggi und Manni und machen einen geführten Ausflug zu den dortigen Riesenfarnen. Diese Urzeitgiganten sind hier weit über 1000 Jahre alt und so groß wie riesige Bäume. Unser Guide war zwar sehr wortkarg dafür war die Wanderung durch den Dschungel der mit Nebelschwaden durchzogen war umso schöner! Nach 2 Nächten geht es weiter nach Santa Cruz. Auf dem Weg dorthin besuchen wir gemeinsam noch einen kleinen Zoo und die Inka Ausgrabungsstätte “El Forte”. Wir umwandern auf ca 2-3 km einen großen Felsen, in den Gebetsstätten und Gemeinschaftseinrichtungen gebaut wurden. Man kann noch einige Linien von deren heiligen Tieren, z.B. Jaguar, erkennen. Das spezielle ist, dass dieser Stein bereits von Kulturen vor Inca als “heilige” Stätte benutz wird. Außerdem soll der Felsen der weltgrößte, durch Menschen bearbeitet Stein sein….
Auf dem weiteren Weg nach Santa Cruz wird es nun wirklich richtig tropisch heiß und feucht. Überall treffen wir auf Verkaufsstände mit frischem Obst und in den Abendstunden suchen die Mosquitos ein Abendessen. Obwohl wir nun in den Tropen sind, haben wir dann doch einige Tage kalte 10 bis 14 Grad und Regen. Dies scheint in den Wintermonaten, wenn der kalte Wind aus der argentinischen Pampa hoch zieht, ein gängiges Phänomen zu sein. Wir verbringen einige Tage im Landhaus Camping, wo wir von wilden Äffchen besucht werden. Hier wird eine quinceañera gefeiert. Dies ist die Feier des 15. Geburtstags eines Mädchens und bedeutet deren Übergang vom Mädchen zur Frau. In ganz Lateinamerika wird dieser Anlass groß gefeiert. Das Fest das wir sehen, mutet einer europäischen Hochzeitsfeier an. Es wird 2 Tage vorab dekoriert, es gibt eine mehrstöckige Torte und 200 Gäste in schicker Abendgarderobe. Irgendwie überrascht uns diese ausschweifende Feier im sonst so ärmlichen Bolivien…In Santa Cruz haben wir uns außerdem unserem LKW gewidmet und haben alle Räder eine Position weiter montiert. Auf die Weise verbessert sich die Laufzeit der einzelnen Reifen deutlich. Dabei haben wir einen undichten Bremszylinder gefunden. Dank der gut gefüllten Ersatzteilkiste, konnten wir diesen nach einem Griff in selbige aber sofort tauschen.
Als wir Santa Cruz Richtung Osten verlassen, passieren wir einen kleinen Stadtplatz, der bekannt dafür ist, dass dort Faultiere in den Bäumen leben. Trotz Regenwetter lassen wir uns das nicht entgehen und tatsächlich entdecken wir ein Exemplar in den Ästen eines Baums.
Da wir für den 23.6.2023 ein Ponton von Corumbá nach Porto Jofre gebucht haben, geht es nun in großen Etappen ostwärts Richtung Brasilien. Wir passieren auf der Ruta 4 wenige kleine Dörfer. Auffallend ist die große Zahl mennonitischer Bürger, die, mit ihren langen dunklen Kleidern, Kopftüchern, und Hosenträgern wie aus einem anderen Jahrhundert anmuten. Aufgrund politischer Anreize haben sich die Mennoniten in großer Zahl in der Region Ostbolivien und Westparaguay angesiedelt. Je nach Ausrichtung der Gemeinde werden technische Hilfsmittel, Musik und Freude abgelehnt. Die Gemeinschaft sucht bewusst die Abgrenzung und vermeidet Kontakt zu modernen Kulturen. Oftmals stammen die Gemeindemitglieder aus Deutschland oder Osteuropa und viele sprechen Plattdeutsch, sind hellhäutig, blond, blauäugig. An den Tankstellen trifft man häufig auf Pferdekarren, die in Fässern Sprit für ihre Traktoren holen, eines der wenigen Hilfsmittel die geduldet werden. Eine “sinnvolle” Kontaktaufnahme ist uns bisher noch nicht gelungen.
Schon bald erreichen wir San José de Chiquitos. Auf dem Campingplatz treffen wir Flos Eltern wieder und staunen über die vielen Tucane, die hierher zum Übernachten kommen. Die schönen Vögel scheinen wohl auch auf Camping zu stehen… das schöne Balneario steht zum Verkauf und wird (uns) für 500.000 Dollar angeboten. Wir nehmen das als Anlass die Gedanken schweifen zu lassen und kommen zu dem Schluss, dass bei aller vermeintlicher Freiheit in Bolivien diese nur auf dem ersten Blick verlockend ist. Korruption, mangelnde Schulbildung und aufstrebende Kommunistische Parteien, die scheinbar aktiv Unternehmen schädigen, zeigen uns erstmal wieder wie gut das “Gesamtpaket” in Deutschland oder Europa eigentlich ist. Die kleine, heile Welt auf einem schönen Grundstück wäre uns dann wirklich zu klein….
Weiter ostwärts, in Chochis, gibt es ein bekanntes Kloster mit beeindruckenden Schnitzereien im Stile der Jesuitenklöster. Wir wählen als Übernachtungsplatz den Fußballplatz, da wir wegen unserer Fahrzeughöhe nicht bis zum Kloster durchkommen. Bei den Einheimischen nachgefragt, ob wir uns für zwei Nächte auf die Wiese stellen dürfen, ernten wir nur ein freundliches Sí Sí und Daumen nach oben. Am nächsten Tag erkunden wir per Fahrrad und zu Fuß das Kloster und dessen spektakuläre Lage an einem 200 Meter hohen, senkrecht aufragenden, roten Felsen sowie malerische Wasserfälle im Dschungel. Flo wird hier allerdings von derselben Wespenart gestochen, die Babsis Bein auf doppelte Dicke anschwellen ließ und das ausgerechnet unterhalb des Auges. Wir wenden den Tipp mit dem Antiallergikum an, Flo nimmt gleich 2 Tabletten Alergin, das wir seither immer im Rucksack haben und siehe da, die Schwellung erreicht nur noch das Niveau eines Mückenstichs. Wir sind super dankbar für diesen Tipp und besorgen gleich Nachschub des Medikaments, das hier überall erhältlich ist. Chochis hat uns mit seiner beeindruckenden Lage sehr begeistert und ist deutlich mehr als ein Örtchen auf dem Weg nach Brasilien. Wir sind froh über unseren Stopp hier!
Nächster Stopp ist der Mirador von Santiago de Chiquitos. Wir wandern eine Felswand empor und genießen den ersten Weitblick ins Pantanal sowie 360 Grad rundum Blick! Schon dieser Blick lässt die Größe des Pantanals erahnen aber nicht verstehen. Ein Feuchtgebiet 20x so groß wie die berühmten Everglades oder ca. Halb so groß wie die Bundesrepublik Deutschland….Bald wollen wir mittendrin sein! Die Vorfreude ist groß…
Wir bleiben am Ausgangspunkt der Wanderung eine Nacht stehen und erreichen tagsdrauf den Ort Aguas Calientes, also „warmes Wasser“. Der Name ist Programm, aber nicht nur in Form warmer Becken, wie wir sie mittlerweile schon mehrfach genießen konnten, nein, hier erwartet uns ein warmer Fluss. Groß, breit, klar und wirklich heiß! Sicherlich 36 Grad. Fast schon zu warm bei den heißen Temperaturen, die hier tagsüber inzwischen herrschen. Die Kids sehen das entspannt und planschen lange im warmen Wasser. Wir Erwachsenen lassen uns die Füße von den kleinen Fischchen pediküren, die an unseren Füßen picken wenn wir ruhig halten. Unser Campingplatz „Tucan“ beherbergt neben Tukanen immer wieder rote Aras, Äffchen, Echsen…
Wir entspannen hier 3 Tage und erfreuen uns an unserer Umgebung. Anschließend verlassen wir Bolivien fürs erste an der Grenze bei Corumbá. Uns haben die ersten ca 40 Tage in Bolivien super gefallen und wir freuen uns schon darauf nach unserem Abstecher nach Brasilien wieder zu kommen…
Wie immer gibt es viel mehr Bilder hier.